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Anlässlich der feierlichen Eröffnung auf dem 115. Deutschen Ärztetag in der Meistersingerhalle in Nürnberg im Mai 2012 erschien das Begleitheft der Ausstellung „Zum Entzug der Approbation jüdischer Ärztinnen und Ärzte 1938“. Es wurde im Auftrag der Bundesärztekammer erstellt. Im Fokus stehen drei exemplarische Lebensschicksale von insgesamt zwanzig in der Ausstellung Porträtierten aus München, Nürnberg, Fürth, Ansbach, Augsburg und Bad Orb.
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Dr. Frank Ulrich Montgomery, Präsident der Bundesärztekammer, schreibt in seinem Vorwort:
Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen,
in der Zeit des Nationalsozialismus haben Ärzte aktiv an den Verbrechen – der systematischen Ermordung von Kranken und sog. gesellschaftlichen Randgruppen – mitgewirkt. Führende Vertreter der Ärzteschaft waren maßgeblich an der Vertreibung ihrer jüdischen Kolleginnen und Kollegen beteiligt. Eine Aufarbeitung dieser Verbrechen oder gar Vergangenheitsbewältigung erfolgte innerhalb der Ärzteschaft erst sehr spät. Inzwischen ist aber der Forschungsstand der Arbeiten zur NS-Zeit stetig angewachsen. Ein von der Bundesärztekammer in Auftrag gegebener Bericht „Medizin und Nationalsozialismus“, der im Jahr 2011 publiziert wurde, bietet eine Übersicht und Analyse des aktuellen wissenschaftlichen Status zur Rolle der Ärzteschaft von 1933 bis 1945.
Um zukünftige Forschungsarbeiten zu unterstützen und weitere historische Aufarbeitung zu leisten, hat die Bundesärztekammer gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit und der Kassenärztlichen Bundesvereinigung einen Forschungspreis ins Leben gerufen, der 2011 zum dritten Mal verliehen wurde. Das von Dr. med. Hansjörg Ebell entworfene Ausstellungsprojekt zur Erinnerung an den 70. Jahrestag des Approbationsentzugs aller jüdischen Ärztinnen und Ärzte erhielt einen Sonderpreis. Es greift Schicksale auf, die beispielhaft für die Unmenschlichkeit und Grausamkeit der nationalsozialistischen Terrorherrschaft stehen. Am 30. September 1938 hatten jüdische Ärztinnen und Ärzte per Gesetz ihre Approbation verloren und ein Berufsverbot erhalten. Ab dem 31. Januar 1939 umfasste dies auch die jüdischen Zahnärzte, Tierärzte und Apotheker. Indem die Ausstellung einige Opfer aus der Anonymität herausholt und ihre Lebensgeschichten erzählt, wird die systematische Zerstörung von Existenzen, Familien und Menschenleben verdeutlicht. Es ist eine wichtige Aufgabe, an diese Grausamkeiten zu erinnern, um uns noch bewusster zu machen, dass der ärztliche Beruf an eine besondere ethische Verantwortung geknüpft ist, die über allen politischen, persönlichen oder gesellschaftlichen Zwängen steht.
Die Ausstellung von Hansjörg und Ursula Ebell ist seit 2008 an vielen Orten – auch in der Bundesärztekammer – gezeigt worden und wird jetzt im Rahmen des 115. Deutschen Ärztetages einem größeren ärztlichen Publikum vorgestellt.
Ihr
Dr. med. Frank Ulrich Montgomery
Präsident der Bundesärztekammer
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Norbert Jachertz, ehemaliger Chefredakteur des Deutschen Ärzteblattes, stellt in seinem knappen geschichtlichen Überblick „Von der Nürnberger Vereinbarung bis zum Ende“ die schrittweise durchgeführte systematische Ausgrenzung der jüdischen Ärztinnen und Ärzte bis hin zur vollständigen Existenzvernichtung dar.
–> Geschichtlicher Überblick von Nortbert Jachertz (als PDF)
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Bezugsquelle:
Bundesärztekammer
Herbert-Lewin-Platz
110623 Berlin
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Die „Nürnberger Erklärung“ (PDF) des diesjährigen Äerztetages wird die Auseinandersetzung mit diesem wichtigen Thema in der Ärzteschaft hoffentlich intensivieren.
Die Initiatoren der Erklärung in den Reihen der IPPNW Nürnberg haben dazu folgende Pressemitteilung herausgegeben: http://www.ippnw.de/presse/presse-2012/artikel/67e1250686/aerztetag-erkennt-unrecht-der-ns-med.html